NEUBAU KREISPOLIZEIBEHÖRDE UND FINANZAMT METTMANN
Wettbewerb, 2. Preis bei Enno Schneider Architekten
„Zuerst trachtet man nach Gerechtigkeit, und zum Schluss organisiert man eine Polizei.“
(Albert Camus)
Ausschreibung
Im Rahmen eines zweistufigen Realisierungswettbewerbes für die Kreispolizeibehörde und das Finanzamt in Mettmann im Jahr 2001 sollte eine städtebauliche Neuordnung für ein Grundstück an der Stadtgrenze von Mettmann entwickelt werden. Weiterhin bestand die Aufgabe darin, ein mehrzoniges Gebäude als Schnittstelle der Durchdringung von Stadt- und Landschaft zu schaffen. Neben den üblichen Zellenbüros sollten eine Polizeiwache, eine Führungsleitstelle, eine Werkstatt, eine Raumschießanlage, ein Arrestbereich, Umkleiden und eine Tiefgarage integriert werden.
Städtebauliches Konzept
Wir entwickelten den Gebäudeentwurf aus dem Kontext des Ortes heraus und mit dem Ziel, den Gebäudetypus „Polizeibehörde“ neu zu definieren. Daraus entstehen drei unterschiedlich geformte Baukörper mit einer gemeinsamen Architektursprache. Verbindendes Element ist der Platz zwischen den Gebäuden. Die nach Westen auskragenden Enden der geschwungenen Baukörper verleihen der Stadtgrenze von Mettmann eine unvergleichbare Silhouette. Dabei wirkt die glatte Fassadenhaut aus raumhohen Glas- und Aluminiumpaneelen leicht und transparent. Die weiche Linienführung der Baukörper reagiert auf die freie Grundstücksform und ist zugleich Ausdruck einer demokratischen, bürgeroffenen Behörde.
Grundrisse
Die Grundrissstruktur ist funktional und übersichtlich. Das fünfgeschossige Atrium am Kopf definiert einen Eingangsbereich mit öffentlichem Charakter, der auch für Ausstellungen genutzt werden soll.
Weit entfernt von den üblichen Mustern eines „Behördenflures“ ergeben sich spannungsvolle Innenräume mit dem Atrium im Zentrum der Anlage.
Funktionen
Der Neubau der Kreispolizeibehörde bietet Platz für ca. 250 Bedienstete. Neben Büroflächen wird er eine Polizeiwache, eine Einsatzzentrale und einen Schießstand erhalten. Das Gebäude erhält eine Elementfassade aus Glaselementen und Alu-Paneelen. Stellplätze stehen in der zweigeschossigen Tiefgarage und auf dem Polizeihof zur Verfügung.
Energiekonzept
Innerhalb der Kostenobergrenze wird im Sinne der Nachhaltigkeit ein Energiekonzept auf der Basis von Geothermie entwickelt. Hierbei werden in die Bohrpfähle der Gebäudegründung eingebaute Wasserschläuche integriert, die als Wärmetauscher dienen sollen. Die durch die Wärme des Grundwassers gewonnene Energie wird über ein Schlauchsystem in die Betondecken des Gebäudes geleitet. Durch dieselben „aktivierten“ Decken werden die Räume im Sommer gekühlt und die Wärme wieder in den Boden abgeführt. Hierdurch wird sich eine Heizkostenersparnis von circa 50% ergeben.
Ergebnis
Unser Entwurf wurde bei diesem Realisierungswettbewerb mit dem zweiten Preis ausgezeichnet. Dem Wettbewerbsverfahren folgte weiterhin eine vergleichende Bewertung der mit Preisen ausgezeichneten Arbeiten. Unser Beitrag überzeugte mit der Gesamtkonzeption, der besseren Wirtschaftlichkeit sowie der energetischen Qualität des Projektes. Wir erhielten den Auftrag für die Generalplanung vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen.
Realisierung Kreispolizeibehörde
Im ersten Bauabschnitt wurde der Neubau der Kreispolizeibehörde fertiggestellt. Im 2. und 3. Bauabschnitt sind nach Überarbeitung des Gesamtkonzeptes zwei weitere Neubauten in gleicher Formensprache geplant.
Gebäudestruktur
Das Gebäude selbst gliedert sich in drei Bereiche, die auch von außen ablesbar sind: dem öffentlich zugänglichen Erdgeschoss, den weitestgehend nichtöffentlichen Bereichen der Obergeschosse, sowie den zwei Sockelgeschossen, die von der unteren Parkplatzebene aus erschlossen werden. Die Besucher betreten das Gebäude im Erdgeschoss über eine separate Schleuse vom Vorhof. Für die Mitarbeiter gibt es einen direkten Zugang über den Polizeihof und den Parkplatz. Auf der Erdgeschossebene befinden sich die Polizeiwache und der Besucherbereich. Das sich aufweitende Atrium dient als Orientierungspunkt im Zentrum und definiert am Kopf des Gebäudes einen Eingangsbereich mit öffentlichem Charakter. Nachdem die Besucher über die Schleuse das Atrium betreten, eröffnet sich ihnen ein fünfgeschossiger Raum. Dieser wird durch seine Farbigkeit, weichen Konturen und die runden Oberlichter geprägt.
Leitstelle
Die weitestgehend nichtöffentlichen Bereiche der Obergeschosse bergen den Mittelpunkt der Anlage: die Leitstelle und den Führungsraum. Dort werden an High-Tech-Arbeitsplätzen 24 Stunden lang Polizeieinsätze koordiniert. Die Büros an der Westspitze des Gebäudes heben sich durch schräge Stützen, die Geometrie des Raumes und dem weiten Ausblick von den übrigen Büros ab. Durch die geschosshohe Verglasung wirken die Bürozellen jedoch großzügig. Dabei gibt der unterschiedliche Wechsel von verglasten und geschlossenen Elementen jedem Raum eine individuelle Note.
Wettbewerb 2001 Enno Schneider, Katharina Jester, Thomas Sugge Modellbau Carl-Friedrich Hörnlein, Berlin Realisierung 2003-2005 Enno Schneider Architekten, Detmold/Berlin Foto Jochen Stüber, © Enno Schneider Architekten